Was passiert mit meinen Daten nach meinem Tod?
Fragen und Antworten zum digitalen Nachlass
Verstorbene hinterlassen heutzutage nicht nur Bankkonten, Grundstücke, Wertpapiere oder Möbelstücke sondern auch eine ganze Menge Daten im Internet. Wie aber sollen Erben damit umgehen und was kann man schon zu Lebzeiten tun, damit der digitale Nachlass in die richtigen Hände gelangt?
Wie ist die Rechtslage in Bezug auf den digitalen Nachlass?
Diese Frage ist aufgrund der Vielfalt an Aktivitäten, die wir in der digitalen Welt entfalten leider nicht ganz einfach zu beantworten. Grundsätzlich fallen auch alle digitalen Rechtsbeziehungen eines Verstorbenen in den Nachlass. Der Erbe tritt also vollumfänglich in die Rechte und Pflichten des Erblassers ein (§ 1922 BGB). Damit einher geht grundsätzlich auch ein Anspruch des Erben auf Auskunft über bestehende Vertragsverhältnisse gegenüber den Anbietern digitaler Dienste. Einige Anbieter regeln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen jedoch, dass die Nutzungsrechte nicht übertragbar und nicht vererbbar sind. Sind diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam, wird der digitale Nachlass insoweit nicht vererbt, so dass die Erben keinerlei Rechte diesbezüglich haben. Je nach Art der digitalen Aktivität des Verstorbenen, den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Anbieters und den Vorkehrungen, die der Verstorbene getroffen hat, bestehen unterschiedliche Rechte und auch Möglichkeiten des Erben, mit dem digitalen Nachlass umzugehen. Erben sollten sich jedenfalls schnell einen Überblick über den digitalen Nachlass verschaffen, da sie unter Umständen aus Verträgen, die durch den Erbfall auf sie übergegangen sind, haften. Als erstes deutsches Gericht hat sich das Landgericht Berlin Ende 2015 mit Fragen zum Facebook-Account einer Verstorbenen und damit auch erstmalig mit Fragen zum digitalen Nachlass auseinandergesetzt. http://www.iww.de/quellenmaterial/id/183218. Gegen dieses Urteil ist Berufung beim Kammergericht eingelegt worden.
Was können Erben tun?
Hinterlässt der Verstorbene einen digitalen Nachlass und hat keine Vorkehrungen getroffen, ist der erste Schritt, herauszufinden, woraus der digitale Nachlass besteht:
- Hatte der Verstorbene Onlinekonten?
- gibt es Accounts bei Facebook, Twitter, Xing, Google+, etc.?
- Sind noch Ebay-Käufe offen?
- Stehen Zahlung etwa bei Paypal aus?
- Werden Zahlungen von Online-Verträgen/Abodiensten abgebucht?
- Welche Emailaccounts hatte der Verstorbene?
- Können noch Widerrufsrechte ausgeübt werden?
In erster Linie geht es darum, eine Bestandsaufnahme zu machen und nach Möglichkeit die Passwörter zu finden. Besonders wichtig ist der Zugriff auf das Emailkonto des Verstorbenen, denn hier läuft in der Regel das Online-Leben zusammen. Leider ist es bei einigen Anbietern nur möglich, das Konto löschen zu lassen; Zugriff bekommen die Erben nicht. In einem zweiten Schritt sollte überprüft werden, welche Verträge gekündigt werden und was mit Accounts in sozialen Netzwerken geschehen soll. Hat man als Erbe die zugehörigen Passwörter nicht, ist man auf die Hilfe der Anbieter angewiesen. Diese verhalten sich recht unterschiedlich, oft bekommen Erben keinen vollen Zugriff auf das Profil des Verstorbenen. Die Mitwirkung der Anbieter wird von der Vorlage der Sterbeurkunde oder sogar eines Erbscheins abhängig gemacht. Zusätzliche Hindernisse ergeben sich dadurch, dass die Anbieter oft ihren Sitz im Ausland haben.
Was kann man zu Lebzeiten tun?
Wie beim "analogen" Nachlass auch, sollte man in Bezug auf den digitalen Nachlass Vorsorge treffen. Zunächst einmal sollte man dokumentieren, mit welchen Anbietern überhaupt Vertragsbeziehungen bestehen, um es den Erben zu erleichtern, einen Überblick über den Nachlass zu bekommen.
Sofern in wirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Anbieter nichts anderes geregelt ist, geht auch der digitale Nachlass im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 BGB auf die Erben über. Sie haben damit grundsätzlich das Recht, Zugang zu entsprechenden Konten gewährt zu bekommen (zu den damit verbundenen Schwierigkeiten siehe oben). Daran sollte man denken, wenn man in einem Testament nicht seine nächsten Angehörigen als Erben eingesetzt hat. Hat man beispielsweise statt seines Ehepartners den Tierschutzverein als Erben eingesetzt, bekommt der Verein gegebenenfalls auch Zugriff auf Emailkonten oder den Facebook-Account! Generell gilt, dass man zu Lebzeiten bestimmen sollte, wer den digitalen Nachlass erhalten soll. Regelmäßig besteht gegenüber den Anbietern die Möglichkeit, zu erklären, dass die eigenen Daten im Todesfall gelöscht werden sollen oder nur einer bestimmten Person zugänglich gemacht werden sollen. So bietet beispielsweise Google+ die Möglichkeit bei den Profileinstellungen eine Person zu benennen, die nach dem Tod Zugriff auf das Nutzerkonto bekommen soll. Nicht immer gelingt es jedoch problemlos, dem Anbieter eine solche Anordnung oder den Tod eines Kunden mitzuteilen.
Um den Erben den Zugriff auf den digitalen Nachlass zu erleichtern, könnte man eine Aufstellung sämtlicher Nutzerkonten nebst dazugehörigen Passwörtern machen und sie so verwahren (beispielsweise als Anlage zum Testament), dass sie auch von den Erben gefunden wird. Hier besteht jedoch die praktische Schwierigkeit, dass man die Daten laufend aktuell halten muss. Zudem besteht eine erhebliche Missbrauchsgefahr, dadurch dass die Daten bei Testamentseröffnung möglicherweise in falsche Hände geraten. Schließlich verbieten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen vieler Anbieter die Weitergabe von Zugangsdaten an Dritte.
Ähnliche Bedenken bestehen bei der Möglichkeit, den digitalen Nachlass im Testament zu regeln. Vor allem sollte der Begriff "digitaler Nachlass" im Testament vermieden werden. Es handelt sich dabei nicht um einen juristischen Fachbegriff, der einheitlich verwendet wird, so dass es zu Problemen bei der Auslegung des Testaments kommen kann.
Inzwischen gibt es kommerzielle Anbieter, die sich um die Verwaltung von Passwörtern und Zugangsdaten auch über den Tod hinaus kümmern. Solche Online-Dienste gibt es sowohl als kostenfreies als auch kostenpflichtiges Angebot. Hier ist jedoch Vorsicht geboten. Als Nutzer solcher Dienstleistungen muss man zu dem Anbieter großes Vertrauen haben, da man in der Regel nicht nachvollziehen kann, wie dieser mit den persönlichen Daten umgeht. Zudem hat man in der Regel keinen Einblick in das Sicherheitskonzept des Anbieters. Nicht zuletzt muss gewährleistet sein, dass der Anbieter nicht plötzlich seinen Dienst einstellt.
Die praktikabelste und sicherste Möglichkeit, seinen digitalen Nachlass zu regeln stellt derzeit die Vorsorgevollmacht dar. Eine vertrauenswürdige Person kann im Rahmen einer über den Tod hinaus geltenden Vollmacht (post- oder transmortale Vollmacht) mit der Abwicklung des digitalen Nachlasses betraut werden. Besteht bereits eine Vorsorgevollmacht, kann diese um einen Unterpunkt "digitale Vollmacht" ergänzt werden. Eine solche Vollmacht sollte nicht ohne juristische Beratung verfasst werden, da sich oft Auslegungsschwierigkeiten bei von Laien verfassten Vollmachten ergeben. Hundertprozentige Sicherheit, dass eine solche Vollmacht von den Onlinie-Dienste-Anbietern akzeptiert wird kann es aber leider nicht geben.